Das Bilderverbot ernst zu nehmen, ist seit Jahren in feministischer Theologie eine grundlegende Forderung und ein besonderes Gebot für Theologinnen und Theologen, die um eine geschlechtergerechte Sprache ringen.
Professorin Dr. Kune Biezeveld entwirft eine neue Perspektive auf das Bilderverbot.
Feministische Theologie verdankt ihre Entstehung dem Vorwurf, klassische Theologie missachte das Bilderverbot, schreibt Professorin Dr. Kune Biezeveld, Leiden in der Internetzeitschrift lectio difficilior. So kann z.B. die einseitige und ausschließliche Rede von Gott als dem „Vater“ das Gebot, sich kein Bild von Gott zu machen, missachten.
Im Gespräch mit Karl Barth und Paul Ricœur
Kune Biezeveld nimmt das Gespräch auf mit Karl Barths Rede von der Unmöglichkeit, als Menschen und von Gott reden zu können und es doch tun zu sollen, und mit Paul Ricœurs Überlegungen zum kreativen Sprachspiel mit Bildern (Metaphern), die neue Wirklichkeiten schaffen, ohne dass eine Metapher alles sagen kann.
In einem geschichtlichen Blick auf das Bilderverbot beschreibt Biezeveld, wie das Gebot dazu diente, zwischen „Schmutz“ und „Reinem“ zu unterscheiden, zwischem dem, was nicht in ein System passte, und dem, was dazu gehörte.
Der eine Gott der Geschichte und die Gottheiten der Fruchtbarkeit
In ihrer Gender-Perspektive auf das Bilderverbot, zeigt Biezeveld, wie in der alttestamentlichen Forschung das Bilderverbot verstanden wurde als Abgrenzung des einen Gottes Israels von den vielen Göttern Kanaans und als eines Gottes der Geschichte von den Gottheiten der Fruchtbarkeit. Diese Sichtweise missachtet, dass „Fruchtbarkeit“ ein „vielförmiges und vielfarbiges Phänomen“ ist. Darunter falle „die Gabe der Erstlinge von Feld und Herde; das Opfer des Erstgeborenen; Zeugung, Schwangerschaft und Geburt; Kinderlosigkeit; Gelübde zur Erlangung von Nachkommenschaft; das Wetter und die Jahreszeiten; das Motiv des Guten Hirten; die Baumsymbolik; die Segenstheologie…“ Viele dieser Aspekte seien längst in zeitgenössische biblische und systematische Theologie übernommen, allerdings „geläutert“, untergeordnet dem Handeln des Gottes der Geschichte. Diese Erkenntnis, so Biezeveld, nehme einem die Möglichkeit, „eine Berufung auf das Bilderverbot weiterhin mit dem früher einmal festgesetzten Unterschied zwischen “Schmutzigem” und “Reinem” zu kombinieren.“ So könne vermieden werden, „dass das Bilderverbot immer nach einer der beiden Richtungen hin ausgezogen wird: Hier das “ist”, dort das “ist nicht”; hier Offenbarung, dort Projektion; hier das freie Wort, dort das der Natur verhaftete, manipulierbare Bild. Erst so kehrt das Bilderverbot in das Spannungsfeld zurück, in das es eigentlich hineingehört: Gleichzeitig in das “ist” und das “ist nicht”.
Der Gott Israels und seine Aschera
Und dann noch ein „Trumpf“ in der Argumentation, ein archäologischer Fund. Auf alten Inschriften ist vom Gott Israels mit seiner Partnerin Aschera zu lesen: „Dieser Fund passt nicht zum Bild eines Gottes, dessen Identität per se jegliche Verbindung mit einem weiblichen Pendant ausschlösse bzw. sogar ausschließen muss. Dieser Fund passt allerdings sehr wohl zum grundsätzlichen Sinn des Bilderverbots: Schlussendlich ist Gott doch ganz anders, als wir immer dachten.“
Hier können Sie selbst nachlesen: