''Kirche sein heißt Kirche werden''

Michael Weinrich sprach im ''Forum Kirche'' zu Calvin als Ökumeniker der Reformation

Bad Oeynhausen. Im Rahmen der Vortragsreihe zum Gedenken an den Reformator Johannes Calvin behandelte Professor Michael Weinrich Calvins Position im Hinblick auf die Trennung der Kirchen im Verlauf der historischen Entwicklung während und nach der Reformation. Der an der Ruhr-Universität Bochum lehrende Theologe gab dabei im Dietrich-Bonhoeffer-Haus einen Überblick über Calvins Position zum Wesen und den Eigenschaften der Kirche.

„Die Einheit der Kirche war für Calvin“, so Weinrich „ein unschätzbar großes Gut. Zwar konnte er regionale Eigenarten der Kirchen als „Vielfalt“ akzeptieren, so wie die „vielen Sonnenstrahlen ein Licht“ bilden. Calvin habe sich bei diesem Bild auf eine Schrift des nordafrikanischen Kirchenvaters Cyprian berufen. „Für Calvin war die Bibel mit ihrer konzentrierten Vielfalt nicht nur der einzige Boden, welcher der Kirche einen festen Grund bietet, sondern auch das wahrhaft katholische, d. h. alles umfassende Band, das die verstreute Christenheit in der einen Kirche Jesu Christi eint“, erklärte der Referent.

Die Bibel setze nicht auf die Kirche in ihrer geschichtlichen Verfassung, sondern verweise unvermittelt auf Christus selbst als das einende Haupt der Kirche und den sammelnden Hirten der verstreuten Herde. Es war die inhaltlich gefüllte Einheit, die Calvin für die Kirche wieder ins Zentrum stellen wollte. Für die Verteidigung dieser Einheit waren auch Konflikte in Kauf zu nehmen. Den Vorwurf der Kirchenspaltung habe Calvin jedoch stets entschieden - und mit Recht - abgewiesen. Er habe alle Kirchen, die er in ihrer regionalen Vielfalt gleich berechtigt, wenn auch in unterschiedlichem Erscheinungsbild gesehen hätte, als Institutionen gesehen, die immer zu reformieren seien („ecclesia semper reformanda“)

Der Referent wies auch auf die unterschiedliche Deutung und Wertschätzung der biblischen Schriften bei den beiden Reformatoren Luther und Calvin hin. Im Gegensatz zu Luther, der für die biblischen Texte als Kriterium für deren Bedeutung zugrunde gelegt habe, ob sie „Christum treiben“, d. h. auf Christus und sein Wirken hinweisen, habe Calvin alle Schriften, auch die des alten Testaments, als Zeugnisse des Bundes Gottes mit einzelnen Menschen und mit seinem Volk betrachtet und ausgelegt.

Die Einheit der Kirche sei für  Calvin von so fundamentaler Bedeutung gewesen, dass er sie allein von dem gemeinsamen Gottes-und Gnadenverständnis abhängig gemacht habe. Calvin habe keine geeinte Großkirche im Blick gehabt, wohl aber ein gemeinsames protestantisches Konzil unter Einbeziehung der Anglikaner, auf dem die theologischen Differenzen offen besprochen werden sollten. Hier habe er sich als ein moderner Ökumeniker gezeigt, der auch der gegenwärtigen ökumenischen Gesprächslage noch voraus war.

Den Abschluss der Calvin Vortragsreihe im Kirchenkreis bildet ein Vortrag am Dienstag, 17. November. Dann wird Dr. Achim Detmers um 19. 30 Uhr im Wichern-Haus zum Thema „Theologie der Verfolgten - Johannes Calvin und die Lehre von der Erwählung“ sprechen.


Text und Foto: Monika Stockhausen
 

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