T. H. L. Parker: Johannes Calvin. Ein Großer Reformator

Eine Rezension von Paul Kluge

Das 2006 erschienene Werk des englischen Calvin-Forschers T. H. L. Parker ist zum Calvin-Jahr in deutscher Sprache erschienen.

Johannes Calvin. Ein großer Reformator - so lautet der Titel der Calvin-Biographie T. H. L. Parkers, Dozent für Theologie an der englischen Universität Durham. Lange und viel hat Parker zu Johannes Calvin geforscht, und nun liegt zum Calvinjahr seine 2006 erschienene Biographie dieses großen europäischen Reformators vor.

Das Calvin-Jubiläum hat natürlich eine beachtliche Anzahl an deutschsprachiger Calvin-Literatur hervorgebracht; die Palette reicht vom biographischen Roman bis zur Anti-Calvin-Polemik. All diese Publikationen zeigen, dass eine Beschäftigung mit Johannes Calvin sich lohnt und dass Calvin den Kirchen, Gemeinden und Christen heute zukunftsweisende Anregungen zu geben vermag.

Parkers Biographie zeichnet sich dadurch aus, dass der Autor sehr gründlich die politischen und kirchlichen Verhältnisse im 16. Jahrhundert darstellt, auch die der Zeit davor und die späteren Auswirkungen. Ausführlich beschreibt er zudem den Alltag etwa in den von Calvin besuchten Internaten und an den Universitäten. Damit macht Parker deutlich und verständlich, welchen – quasi nebenher wirkenden – Einflüssen der junge Calvin ausgesetzt war. Und man kann diese Einflüsse etwa in seiner Kirchenordnung wieder erkennen. So wird Calvin als „Kind seiner Zeit“ erkennbar. Manches, was manchem an Calvin befremdlich erscheinen mag, wird dadurch relativiert und verständlich, und der Mensch Johannes Calvin wird sichtbar. Asket und Genießer war er, streng und liebevoll, aus Städten vertrieben und im Glauben beheimatet.

Aus damaliger Zeit und deren Sicht heraus beleuchtet Parker auch den Prozess gegen Michael Servet, zu dem Calvin bekanntlich belastendes Material zur Verfügung gestellt hat. Zudem deutet der Autor an, dass Gegner Calvin den Wirrkopf Servet gegen Calvin instrumentalisiert haben könnten; angeführte Zitate belegen die These.

Die Klarheit der Theologie Calvins, seine einfühlsame Seelsorge, auch seine umfassende humanistische Bildung und seine überlegene Intelligenz verschafften ihm hohe Autorität in Städten und an Adelshöfen. Zugleich reizte gerade dies seine Gegner zu Widerspruch und –stand. Für die Entwicklung der französischen Sprache hat Calvin die gleiche Bedeutung wie Luther für die deutsche.

Gleichermaßen überraschend wie einleuchtend ist Parkers These, Calvin sei erzkonservativ gewesen – gelten doch die Reformatoren als Neuerer, zumindest als Erneuerer. Doch der Renaissance-Humanismus strebte gegen den Strom „ad fontes“ – zu den Quellen. Für die humanistisch orientierte Theologie hieß das, die Bibel zu studieren und an ihr als Quelle des Glaubens Lehre und Praxis der römischen Kirche zu messen, zu kritisieren. Dabei geht Calvin weiter als Luther, ist er konsequenter als sein geistlicher Vater: Während Luther beseitigt, was der Bibel widerspricht, entfernt Calvin alles, was sich nicht biblisch begründen lässt.

Auf Grund seiner umfänglichen Calvin-Forschungen kommt Parker zu einer Neudatierung mancher Ereignisse in Calvins Leben – Details, die für die Gesamtbewertung der Wirksamkeit dieses europäischen Reformators von eher nachrangiger Bedeutung sind. Parkers Calvin-Biographie enthält viele solcher Details, und das macht das Lesen – treffender wäre: studieren – dieses Werkes etwas mühsam. Zudem setzt Parker (kirchen-) historische Strömungen und Personen als bekannt voraus, die nicht unbedingt zur Allgemeinbildung gehören. Somit ist seine Arbeit weniger „für das christliche Haus“ geeignet, sehr wohl aber für theologisch und bzw. oder historisch Vorgebildete. Diesen aber ist es ob seiner Gründlichkeit und Sichtweisen sehr zu empfehlen.

Parker, T. H. L.
Johannes Calvin. Ein Großer Reformator
SCM Hänssler im SCM-Verlag,
Holzgerlingen 2009
ISBN 978-3-7751-4830-6
336 Seiten mit Register

 


Paul Kluge, Pfarrer i.R., Magdeburg
 

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