2. Sonntag nach Epiphanias - Joh 2,1-11: Meine Stunde ist noch nicht gekommen

von Johannes Calvin

"Wenn der Herr uns im ungewissen läßt und zögert, uns zu helfen, tut er das nicht aus Mangel an Hilfsbereitschaft, sondern nur, um im günstigsten Augenblick einzugreifen..."

1 Und am dritten Tag war eine Hochzeit zu Kana in Galiläa, und die Mutter Jesu war da. 2 Jesus aber und seine Jünger wurden auch auf die Hochzeit eingeladen. 3 Und da es an Wein gebrach, spricht die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben nicht Wein. 4 Jesus spricht zu ihr: Weib, was geht`s dich an, was ich tue? Meine Stunde ist noch nicht gekommen. 5 Seine Mutter spricht zu den Dienern: Was er euch sagt, das tut. 6 Es waren aber allda sechs steinerne Wasserkrüge gesetzt nach der Sitte der jüdischen Reinigung, und es gingen in jeden zwei oder drei Maß. 7 Jesus spricht zu ihnen: Füllet die Wasserkrüge mit Wasser! Und sie füllten sie bis obenan. 8 Und er spricht zu ihnen: Schöpfet nun und bringt’s dem Speisemeister! und sie brachten’s. 9 Als aber der Speisemeister kostete den Wein, der Wasser gewesen war, und wußte nicht, woher er kam – die Diener aber wußten’s, die Wasser geschöpft hatten -, ruft der Speisemeister den Bräutigam 10 und spricht zu ihm: Jedermann gibt zuerst den guten Wein und, wenn sie trunken geworden sind, alsdann den geringern; du hast den guten Wein bisher behalten. 11 Das ist das erste Zeichen, das Jesus tat, geschehen zu Kana in Galiläa, und offenbarte seine Herrlichkeit. Und seine Jünger glaubten an ihn.

V. 1. „Und am dritten Tage war eine Hochzeit zu Kana in Galiläa ...“ Dies ist der erste Bericht über ein Wunder Jesu. Deshalb müssen wir ihn besonders aufmerksam betrachten. Indessen, wie wir später sehen werden, ist diese Geschichte auch aus anderen Gründen wichtig. Aber erst nach und nach wird ihr vielfältiger Nutzen noch stärker einleuchten. Der Evangelist gibt zunächst den Ort der Handlung an: „Kana in Galiläa“; also nicht das vergleichsweise größere bei Sarepta zwischen Tyrus und Sidon, nach den einen im Stammesgebiet von Sebulon, nach anderen in dem von Asser. Wahrscheinlich hat es in der Nachbar­schaft von Nazareth gelegen; die Mutter Jesu ist ja zur Hochzeit dorthin gekom­men. Aus dem 4. Kapitel ersehen wir, daß es von Kapernaum eine Tagereise entfernt war. Auch auf die Nachbarschaft zur Stadt Bethsaida kann man aus dieser Stelle schließen; denn der Evangelist erwähnt, schon drei Tage später sei dort die Hochzeit von Kana bekannt und berühmt gewesen.
„Und die Mutter Jesu war da.“ Anscheinend hielt ein Verwandter Jesu Hoch­zeit; Jesus begegnet uns hier in Begleitung seiner Mutter. Daß auch seine Jünger erwähnt werden, läßt darauf schließen, wie einfach und bedürfnislos ihre ge­meinsame Lebensweise war. Es mag ungereimt erscheinen, daß ein nicht gerade reicher und begüterter Mann - wie der Mangel an Wein erweist - Christus zu­liebe noch vier oder fünf andere einlädt. Aber gerade unter armen Leuten wird man leichter und freimütiger eingeladen; sie empfinden es nicht wie die Reichen als Schande, ihre Gäste schlicht und einfach zu bewirten. Sie halten fester an der alten Sitte wechselseitiger Gastfreundschaft. Zu ärmlich wiederum mutet an, daß der Bräutigam mitten beim Mahle seine Gäste ohne Wein läßt. Jedenfalls ist es ein Zeichen von Unüberlegtheit, nicht soviel Wein bereit zu haben, wie die Gäste brauchen. Aber auch das kommt, meine ich, oft vor, zumal wenn man nicht täglich Wein trinkt. Sodann zeigt der Gang der Erzählung, daß es erst ge­gen Ende des Festmahles an Wein zu fehlen begann, wo die Gäste natürlich schon hätten satt sein müssen. Denn so spricht der Speisemeister: Andere setzen den geringeren Wein den schon Trunkenen vor, du aber hast den besten bis jetzt zurückgehalten. Außerdem war zweifellos alles das von der göttlichen Vor­sehung so gelenkt, damit sich eine Gelegenheit für das Wunder ergab.

V. 3. „Und da es an Wein gebrach ...“ Man kann darüber im Zweifel sein, ob Maria Hoffnung auf ihren Sohn setzte und ihn um sein Eingreifen bitten wollte, da er bisher selbst noch kein Wunder getan hatte. Es kann auch sein, daß sie ohne jede Erwartung auf Hilfe ihn nur dazu auffordern wollte, mit irgendeiner be­sänftigenden Ermahnung den Verdruß der Gäste zu vertreiben und so gleichzei­tig dem Bräutigam die Beschämung zu ersparen. So deute ich das Wort als einen Ausdruck des ängstlichen Mitleids. Denn da die fromme Frau sah, das Festmahl könne gestört werden, weil die Gäste in der Annahme, sie würden zuwenig ehrenvoll bewirtet, gegen den Bräutigam aufbegehrten, so erwartete sie von ihrem Sohn etwas Trost. Christus vermutet, Maria habe aus weiblicher Eitelkeit für sich und ihren Sohn irgendwie Ansehen gewinnen wollen. Aber diese Ver­mutung ist ganz töricht. Doch warum weist Christus sie so hart zurück? Meine Antwort lautet: wenn Maria auch nicht aus Ehrsucht oder irgendeiner anderen menschlichen Schwäche handelte, so hat sie doch darin gefehlt, daß sie ihre Grenzen überschritt. Daß sie besorgt ist Über die Ungelegenheit anderer und sie irgendwie zu beheben wünscht, ist menschlich und gut; aber indem sie sich einmischte, hätte sie den Ruhm Christi verdunkeln können. Indessen muß man zugleich bedenken, daß Christi Worte nicht so sehr Marias, sondern vielmehr der andern wegen gesprochen wurden. Ihre fromme Bescheidenheit war viel zu groß, als daß sie einer scharfen Zurechtweisung bedurft hätte; auch fehlte sie nicht mit Wissen und Wollen; Christus tritt nur der Gefahr entgegen, daß das Wort seiner Mutter mißdeutet wurde, nämlich so, als habe er nur auf ihr Geheiß später das Wunder getan.

V. 4. „Jesus spricht zu ihr ...“ Auf Grund des griechischen Wortlautes dieser Stelle haben viele fälschlich angenommen, Christus habe gesagt, das Fehlen des Weines sei weder seine noch seiner Mutter Sache. Dabei kann man aus dem zweiten Satzglied klar erkennen, daß diese Deutung den Sinn der Worte Christi völlig verfehlt. Er nimmt sich nämlich ganz ausdrücklich dieser Sorge an, indem er hinzufügt, seine Stunde sei noch nicht gekommen. Man muß also beides mit­einander verbinden: Christus weiß, was zu tun ist, und doch will er auf die Mahnung seiner Mutter hin nichts tun. Das ist gewiß eine bedeutsame Stelle. Warum schlägt er seiner eigenen Mutter rundweg ab, was er beliebigen andern später so oft bereitwillig zugestanden hat? Warum genügt ihm sodann nicht eine einfache Ablehnung? Warum reiht er sie mit seiner Anrede in die Zahl der gewöhnlichen Frauen ein und würdigt sie nicht des Namens Mutter? Durch die Anrede „Weib“ will Christus aller Welt kundtun, man dürfe nicht auf Maria übertragen, was Gott allein eigen ist, dadurch daß man bei ihr die Ehre, die Mutter des Herrn zu sein, in abergläubischer Weise hervorhob. Christus spricht also seine Mutter so an, um allen Jahrhunderten die immer gültige und allge­meinverbindliche Lehre zu geben, daß keine maßlose Verehrung seiner Mutter seinen eigenen göttlichen Glanz verdunkeln dürfe. Wie notwendig diese Mahnung war, ist ja aus dem später folgenden krassen und schrecklichen Aberglauben sattsam bekannt. Maria ist zur Himmelskönigin gemacht worden, zur Hoffnung, zum Heil und Leben der Welt. Schließlich ist dieser Wahnsinn so weit gegangen, daß man Christus nahezu seiner Verdienste beraubte und Maria damit schmückte. Wenn wir nun diese verfluchte Lästerung gegen den Sohn Gottes verurteilen, werden wir von den Papisten böswillig und neidisch genannt. Ja, sie stellen sogar die heimtückische Behauptung auf, wir zögen feindlich gegen die Ehre der heiligen Jungfrau zu Felde. Als ehre man sie wirklich nur dann genugsam, wenn man sie zur Göttin mache oder sie mit aus dem Heiligtum gestohlenen Bezeich­nungen geschmückt an Christi Statt erhebe. So fügen gerade jene Maria schreck­liches Unrecht zu, wenn sie Gott nehmen, was ihm gebührt, und sie dadurch mit falschen Lobeserhebungen entstellen und verunzieren.
„Meine Stunde ist noch nicht gekommen.“ Christus macht mit diesen Worten deutlich, daß er bisher nicht aus Gedankenlosigkeit oder Mangel an Teilnahme gezögert hat; er sagt klar, er wolle sich der Not annehmen, sobald der rechte Augenblick gekommen sei. So wirft er gleichzeitig der Mutter ihr unzeitiges Drängen vor und macht ihr Hoffnung auf ein Wunder. Beides erkennt die hei­lige Jungfrau, denn sie drängt ihn nicht weiter und zeigt zugleich, daß sie neue Hoffnung habe, indem sie die Diener anweist, alles zu tun, was er sage. Übri­gens hat das eine umfassendere Bedeutung. Wenn der Herr uns im ungewissen läßt und zögert, uns zu helfen, tut er das nicht aus Mangel an Hilfsbereitschaft, sondern nur, um im günstigsten Augenblick einzugreifen. - Diejenigen, die diese Stelle auf eine schicksalsmäßige Ordnung der Zeit beziehen, lohnt es nicht zu widerlegen. Die Stunde Christi heißt einmal die ihm vom Vater bestimmte; seine Zeit wird er später den richtigen Augenblick zur Ausführung der Aufträge seines Vaters nennen. An dieser Stelle aber nimmt er nur für sich in Anspruch, den Zeitpunkt für sein Handeln nach eigener Entscheidung zu wählen.

V. 5. „Seine Mutter spricht...“ Hier gibt die heilige Jungfrau einen Beweis wahren Gehorsams, den sie dem Sohne schuldete, wo es nicht um menschliche Pflicht ging, sondern um seine göttliche Macht. Bescheiden also gibt sie sich zu­frieden mit der Antwort Christi und fordert andere auf, in gleicher Weise seine Anordnungen zu befolgen. Ich gebe zwar zu, daß die Jungfrau hier nur auf Grund der augenblicklichen Umstände so gesprochen hat, als lehne sie es ab, weiter für sich irgendein Recht in dieser Sache zu beanspruchen, und als sei es nun allein an Christus, zu tun, was ihm gefalle. Aber wenn man ihre Absicht ins Auge faßt, bedeutet dieser Satz mehr: zuerst nämlich entäußert sie sich gänzlich der Vollmacht, die sie dem Anschein nach zu Unrecht übernommen hatte; dann überträgt sie sie ganz und gar allein Christus, indem sie Anweisung gibt, seinem Befehl zu folgen. Also werden wir hier allgemein belehrt: bitten wir Christus um etwas, werden unsere Gebete nur dann wirksam sein, wenn wir uns nur ganz an ihn wenden, auf ihn allein blicken und tun, was er befiehlt. Er verweist uns nicht an seine Mutter; er ruft uns vielmehr zu sich allein.

V. 6. „Es waren aber allda ...“ Wir schließen aus den Angaben des Budäus, daß diese Wasserkrüge recht groß gewesen sind; enthält nämlich ein Krug 20 Maß, so faßte jeder einzelne mindestens 65 Liter. Eine reichliche Menge Wein hat also Christus gespendet, die wohl für mehr als 150 Menschen zu einem fröhlichen Gelage genügte. Diese große Zahl der Krüge ebenso wie ihre Fas­sungskraft war von großer Bedeutung für die Bekräftigung der Wirklichkeit des Wunders. Wenn es nur zwei oder drei Maß gewesen wären, hätten viele meinen können, der stamme anderswoher. Wenn nur in einem Gefäß die Verwandlung von Wasser in Wein geschehen wäre, dann wäre die Gewißheit des Wunders nicht so augenscheinlich und gut bezeugt gewesen. Nicht ohne Grund erwähnt also der Evangelist die Zahl und sagt ausdrücklich, wieviel sie faßten. Übrigens geschah es aus Aberglauben, daß so viele große Gefäße dort standen. Der Ritus der Waschung stammte zwar aus dem Gesetz Gottes; aber wie die Welt immer allzu eifrig in äußeren Handlungen ist, so waren auch die Juden mit dem einfachen Gebot Gottes nicht zufrieden und besprengten sich in kindischem Spiel so oft als möglich. Der Aberglaube will nach außen in Erscheinung treten, und so ist kein Zweifel, daß auch diese Krüge dem äußeren Aufwand dienten. Der Fehler also war zwiefach: sie beschäftigten sich ganz überflüssig, fern dem Gebot Gottes, mit ausgeklügelten leeren feierlichen Handlungen und ließen sich bei ihren religiö­sen Handlungen tatsächlich von ihrer Geltungssucht beherrschen.

V. 7. „Jesus spricht zu ihnen ...“ Den Dienern konnte diese Aufforderung lächerlich vorkommen. Wasser gab es ja mehr als genug; aber so pflegt Gott mit uns zu handeln, damit seine Macht durch einen Erfolg, den keiner zu hoffen wagte, um so herrlicher sich offenbart. Indessen dient dieser Vorgang hier zur Erhärtung des Wunders. Da die Diener Wasser hineingössen, aber Wein heraus schöpften, so konnte gar kein Verdacht einer Täuschung aufkommen.

V. 8. „Und er sprach zu ihnen ...“ In dieselbe Richtung zielt es, daß Christus die Güte des Weines erst durch den Speisemeister feststellen lassen wollte, bevor er selbst oder irgendein anderer Gast kostete. Daß die Diener ihm aber in allem so willig gehorchen, daraus ersehen wir, daß er hohe Achtung und großes An­sehen genoß. Als Speisemeister bezeichnet der Evangelist den, dem es oblag, das Mahl zu richten und die Festtafel zu decken. Es bedeutet noch nicht, daß das Mahl sehr aufwendig war; man überträgt diese hochtrabenden Bezeichnungen von den glänzenden Festen der Reichen auch auf die Hochzeitsessen der Armen. Aber zu verwundern ist es, daß Christus, der uns so eindringlich eine so einfache Lebensführung lehrt, eine solche Menge Wein, und zwar von ganz hervorragen­der Güte, gespendet hat. Darauf ist zu antworten: Wenn Gott uns täglich einen großen Vorrat Wein zur Verfügung stellt, ist es nur unser falsches Verhalten, daß wir seine gute Gabe als ein Mittel zu üppiger Lebensführung mißbrauchen. Viel­mehr ist gerade das erst die wahre Probe auf unsere Mäßigkeit, wenn wir mitten im Überfluß sparsam und mäßig leben. So rühmt sich Paulus Phil. 4,12, er ver­stehe sich auf beides, im Überfluß zu leben und im Mangel.

V. 11. „Das ist das erste Zeichen ...“ Der Sinn ist, dies sei das erste der Wun­der Christi. Daß nämlich die Engel den Hirten seine Geburt in Bethlehem mel­deten, daß ein heller Stern den Weisen erschien und der Heilige Geist in Gestalt einer Taube auf ihn herabstieg, das alles sind zwar Wunder, aber nicht er selbst hat sie vollbracht. Hier aber geht es um seine eigenen Wundertaten. Denn die Behauptung einiger, gemeint sei das erste Wunder, das Christus in Kana tat, ist leichtfertig und lächerlich. Als ob er zur Offenbarung seiner ganzen Kraft sich den Ort auserwählt habe, wo er nur zweimal gewesen ist, wie man liest. Nein, es war die Absicht des Evangelisten, die zeitliche Abfolge zu kennzeich­nen, die Christus bei der Offenbarung seiner Kraft innehielt. Denn bis zum dreißigsten Jahre lebte er daheim wie irgendein anderer Mensch auch. Als er durch die Taufe dazu veranlaßt worden war, sein Amt anzutreten, begann er damit, in die Öffentlichkeit zu gehen und deutlich zu beweisen, wozu er vom Vater gesandt sei. Kein Wunder also, wenn er den ersten Beweis seiner göttlichen Herkunft bis auf diese Zeit verschob. Es bedeutet eine große Ehre für die Ehe, daß Christus nicht nur eine Hochzeit mitmachte, sondern sie sogar mit seinem ersten Wunder auszeichnete. Es gibt einige alte Regeln, nach denen es Klerikern verboten ist, zu Hochzeiten zu gehen. Der Grund für das Verbot war, sie sollten nicht die ausgelassenen Spaße, die dabei meist überhandnahmen, durch ihr Zu­schauen gleichsam billigen. Aber es wäre doch viel besser gewesen, die Kleriker wären dort mit so viel Würde aufgetreten, daß sie die Ausgelassenheit dämpften, die freche, zügellose Menschen sich im geheimen erlauben. Uns aber soll lieber das Vorbild Christi zum Gesetz dienen, und wir wollen nicht glauben, etwas besser machen zu können, als er es nach der Schrift getan hat.
„Und offenbarte seine Herrlichkeit.“ Mit dieser Tat hat er ja einen rühmenswer­ten, herrlichen Beweis seiner Gottessohnschaft gegeben. Alle seine Wunder waren zugleich stets Beweise seiner göttlichen Macht. Damals aber war der rechte Augenblick gekommen, seinen Glanz zu offenbaren, als er auf Grund des väter­lichen Auftrags bekanntwerden wollte. Daraus ist aber auch zu schließen, daß es ein Ende der Zeit gibt, in der Wunder geschehen. Die Stelle kann nämlich nur bedeuten: Christus hat dieses Wunder getan, um seinen Glanz zu offenbaren.
Was soll man also von solchen Wundern halten, die diesen Glanz nur verdunkeln?
„Und seine Jünger glaubten an ihn.“ Wenn sie wirklich Jünger waren, mußten sie schon von einem Glauben erfüllt sein. Aber bisher waren sie ihm aus einem noch ungesicherten und wenig entwickelten Glauben gefolgt; jetzt erst begannen sie, sich ihm ausdrücklich hinzugeben, so daß sie in ihm den Messias erkannten, wie er ihnen im voraus verkündet worden war. Groß ist wahrlich die Nachsicht Christi für Jünger mit so schwachem Glauben. Und das hat gewiß ganz allge­mein und für uns alle Bedeutung. Denn der Glaube, der jetzt groß und stark ist, war einmal klein und schwach; ja, bei niemandem ist er so vollkommen, daß wir nicht alle ohne Ausnahme im Glauben fortschreiten müßten. So sind auch die Gläubigen doch erst am Anfang ihres Glaubens, wie sehr sie auch auf dem Wege zum Ziel Tag für Tag weiterkommen. Wer also am Anfang seines Glaubensweges steht, soll immer mit Anspannung aller seiner Kraft vorwärtsschreiten. Auch die Frucht der Wunder zeigt sich hier: sie muß in der Stärkung und im Fortschreiten des Glaubens bestehen. Wer in anderer Richtung geht, verdirbt und verspielt ihren ganzen Gewinn.

Aus: Calvin, Auslegung der Heiligen Schrift. Die Evangelien-Harmonie 1. Teil, Neukirchener Verlag, 1966, S. 45 ff.


Achim Detmers